...rste in unserer alten Reichshauptstadt Wien geboren. Seit Anno 1690 war er deutscher König und Anno 1705 trat er die Nachfolge seines Vaters Leopolds des Ersten an. Bis Anno 1711 sollte er nur regieren. Hätte unser Kaiser Joseph der Erste nur etwas länger gelebt, so wäre Gallien im Spanischen Erbfolgekrieg wohl gänzlich niedergeworfen worden. Denn unser Prinz Eugen hatte bei Höchstädt und Turin die Kriegswende erkämpft und die Gallier bei Oudenarde und Malplaquet geschlagen. Nun galt es die Waffen ins Herzen Galliens zu tragen und Ludwig dem Vierzehnten auch im eigenen Haus aufs Haupt zu schlagen. Aufgrund des Heimganges unseres Kaisers Josephs des Ersten und der Nachfolge seines Bruders Karls des Sechsten verriet uns aber das perfide Albion und so fiel Spanien doch an die Gallier. Im allgemeinen trat unser Kaiser Joseph der Erste in die Fußstapfen seines Vaters, wenn auch etwas für seine allzu große Freigiebigkeit getadelt wird, die schlecht zu seiner leeren Staatskasse paßte. Das Kriegführen überließ er unserem Prinzen Eugen und zog diesen auch bei den Staatsgeschäften zu Rate. In Ungarn hatte unser Kaiser Joseph der Erste mit dem Aufstand der Kuruzen zu kämpfen, dessen Niederschlagung sich bis zum Ende seiner Regierungszeit hinzog. Anno 1699 heiratete er Wilhelmine von Lüneburg, mit der er zwei Töchter und einen Sohn zeugte. Da Josephs des Ersten Regierungszeit in hohem Maße mit den Taten unseres Prinzen Eugens zusammenfällt, können wir unseren Chronisten Alfred von Arneth für diese heranziehen. Ich beginne mit dem Regierungsantritt unseres Habsburgers: https://reader.digitale-sammlungen.de//de/fs1/object/display/bsb10063063_00005.html „Nicht allein die Sorge für die öffentlichen Angelegenheiten, für das Wohl des ihm anvertrauten Heeres hatte den Prinzen bestimmt, sich nach Wien zu begeben. Es lag ihm auch der persönliche Wunsch am Herzen, sich dem neuen Kaiser vorzustellen und ihm mündlich seine warm gefühlten Segenswünsche zu der Regierung auszusprechen, welche derselbe in einem so gefährlichen Zeitpunkte angetreten hatte. Aus tiefstem Herzen kamen diese Wünsche, denn Eugen verehrte in Joseph nicht nur seinen Kaiser und Herrn, er liebte den jüngeren Freund in ihm, und mit Zuversicht hoffte er Gutes und Großes von dem edel denkenden und warm empfindenden jungen Manne, der in der Blüte der Lebensjahre, im Vollgefühle seiner geistigen und körperlichen Kraft jenen Thron bestiegen hatte, welcher damals noch unbestritten für den ersten der Welt galt. Und in der Tat machte sich die Wirkung dieser Thronbesteigung auch gleich von Anfang an in durchgreifender Weise fühlbar. Schon die Persönlichkeit des neuen Kaisers war eine so ganz andere im Vergleiche mit derjenigen seines Vorgängers, daß dieser Unterschied nach jeder Seite hin auffallend zu Tage trat. Auf das stille, ernste, oft fast mönchische Wesen Leopolds war die heitere, lebenslustige, prachtliebende Weise Josephs gefolgt, auf die ängstliche Unentschlossenheit des ersteren die energische Tatkraft des zweiten. Doch würde man groß Unrecht tun, wenn man bei einer Vergleichung beider alles Licht auf den Sohn, den Schatten aber nur auf den Vater werfen würde. Leopolds emsige Arbeitslust mangelte Joseph, und die Freigebigkeit, die der Vater geübt hatte, überstieg bei dem Sohne so sehr alle Grenzen, daß die Finanzkraft des Staates ernstlich darunter litt. Es fehlte nicht an Menschen, welche diese Eigenschaft des jungen Kaisers für sich auszubeuten wußten. Wenn Leopold Vielen, aber doch mit Maß gegeben hatte, so gab Joseph jedem, der sich an ihn wandte, mit vollen Händen, und da war denn der Stoff des zu Gebenden nur zu bald erschöpft. Bei der Vergleichung des Wesens der beiden Kaiser wird es klar, daß der Unterschied der ersten Eindrücke, welche beide in ihrer Jugend empfangen hatten, sich ihr ganzes Leben hindurch geltend machte. Leopold war zum geistlichen Stande erzogen worden; Joseph hatte seine Bildung zwar auch von einem Priester, aber von einem derjenigen empfangen, welche man für Anhänger einer freieren Richtung hielt. Es war dies der Weltpriester Franz von Rummel, gleichfalls ein Pfälzer, wie so viele, welche damals am kaiserlichen Hofe in gewichtiger Stellung sich befanden. Der gelehrte Kapuziner Marco d'Aviano soll ihn dem Kaiser zum Erzieher für den dereinstigen Thronerben vorgeschlagen haben. Er bekleidete dies Amt auch mit gewissenhafter Treue, denn er war ein Mann von exemplarischer Reinheit Reinheit der Sitten, von wahrer Frömmigkeit. So sehr gewann er sich die Liebe und Anhänglichkeit seines erlauchten Zöglings, daß obgleich er sich entfernt hielt von aller Einwirkung auf die öffentlichen Geschäfte, doch die Eifersucht hochstehender Personen rege gemacht wurde. Nach manchem fruchtlosen Versuche gelang es endlich, ihn mit dem Titel eines Bischofs von Tinia und unter Verleihung einer Abtei nach Prag zu versetzen. Der Schmerz des Königs Joseph über die Entfernung des geliebten Lehrers war ein tief empfundener gewesen. Er verhehlte denselben nicht, und da die Kaiserin Eleonore selbst es war, der man Rummels veränderte Bestimmung zuschrieb, so glaubte man, daß nach Josephs Regierungsantritte eine etwaige Verstimmung desselben gegen seine Mutter an den Tag treten werde. Dem war aber durchaus nicht so. Alle die darauf Hoffnungen gebaut haben mochten, wurden arg enttäuscht. Josephs erste Worte, nachdem sein kaiserlicher Vater den Geist aufgegeben hatte, waren Ausdrücke kindlicher Liebe und Verehrung für seine erhabene Mutter. Zwar rief er Rummel nach Wien zurück und verlieh ihm den dortigen Bischofssitz. Der Mutter aber bewahrte Joseph gleichwohl unverändert die Ehrerbietung, die er ihr schuldete, und ihr Einfluß auf den Sohn war kaum geringer, als er es auf den Vater gewesen war. Kaiserin Eleonore teilte denselben mit Josephs Gemahlin, Wilhelmine Amalie, einer Tochter des Herzogs Johann Friedrich von Hannover. Die Prinzessin Amalie war im katholischen Glauben erzogen worden, welchen ihr Vater auf einer Reise durch Italien angenommen hatte. Ihre Jugend verlebte sie in Paris, wo ihre Mutter, eine Prinzessin von Pfalz-Simmern, sich nach dem Tode des Gemahls ansäßig gemacht hatte...“.