...tadt und Zitadelle sind zwar schon am 6. August gefallen, aber das Niederkämpfen der letzten Außenwerke zog sich bis heute hin. Geführt hat unsere deutschen Truppen beim Sturm auf Lüttich unser General Otto von Emmich. Den entscheidenden Angriff führte kurzer Hand unser General Erich Ludendorff, der den gefallenen Führer der Sturmtruppen ersetzte. Zum Sturm auf Lüttich hatten wir Deutschen 33,000 Mann und 124 Geschütze zur Verfügung. Die Belgier verfügten über 32,000 Mann zur Verteidigung Lüttichs. Am Ende hatten wir 5300 Verwundete und Gefallene zu beklagen, während die Belgier 20,000 Mann Verlust hatten. Großen Anteil an der Erstürmung der belgischen Festungen um Lüttich hatte unsere dicke Bertha, ein 42cm-Mörser aus dem Hause Krupp. Deren Einsatz unser Panzerheinz als gelungenes Beispiel für die erfolgreiche Überraschung des Feindes mit einer neuen Waffe anzuführen pflegt: „Weil die Anwendung neuartigen Kampfgeräts, zum Beispiel einer undurchdringlichen Panzerung, einer überragenden Bestückung oder einer ungewohnten Geschwindigkeit, von größtem Wert ist, erfordern die Friedensvorbereitungen auf dem rüstungstechnischen Gebiet sorgsame Geheimhaltung. Der bekannteste Beweis für die gelungene Geheimhaltung und ihrer Auswirkung ist, wie wir bereits hörten, die „Dicke Berta“, das 42cm-Geschütz, mit dem 1914 die belgischen und nordfranzösischen Festungen gebrochen wurden.“ Nachzulesen gibt es die Geschichte der Einnahme von Lüttich bei unserem Oberstleutnant Paul Krall in „Der Weltkampf um Ehre und Recht“ und darin beginne ich mit den Vorbereitungen zum Sturm auf die belgische Festung: https://www.wintersonnenwende.com/scriptorium/deutsch/archiv/weltkampf/wer0113.html „Der Feldzugsplan der deutschen Obersten Heeresleitung im Westen - Vormarsch mit starkem, rechtem Heeresflügel durch Belgien - war nur dann durchführbar, wenn es gelang, die belgischen Maas-Festungen Lüttich, Huy und Namur zu Fall zu bringen, bevor stärkere englisch-französische Kräfte der in Anlehnung an dieses Festungssystem aufmarschierenden belgischen Armee zu Hilfe eilen konnten. Vor allem mußte Lüttich bis zu dem Zeitpunkt genommen sein, an dem das deutsche Westheer seinen Aufmarsch beendet hatte. Lüttich war eine nach den Anschauungen der letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts nach Brialmonts Plänen erbaute Fortsfestung. Zwölf Werke krönten, durchschnittlich sechs Kilometer vom Stadtinnern entfernt, die umgebenden Höhen; die Fortszwischenräume betrugen etwa zweieinhalb bis dreieinhalb Kilometer. An alten Befestigungen waren zum Schutz des Stadtinnern die Kernwerke La Chartreuse auf dem Ost-, die Zitadelle auf dem Westufer der Maas aus früherer Zeit erhalten; eine Stadtumwallung bestand nicht. Die Forts selbst, gewaltige Betonwerke mit starken Panzertürmen für die Geschütze, waren dem Gelände geschickt angepaßt und beherrschten die großen Anmarschstraßen vorzüglich. Nachteilig für die artilleristische Wirkung war aber das Lüttich umgebende, hügelige, durch die tiefeingeschnittenen Flußläufe der Maas, Ourthe und Vesder zerrissene und dadurch sehr unübersichtliche Waldgelände. Eine artilleristische Beherrschung aller durch dieses Umgelände in Richtung Lüttich führenden Wege durch die Fortsgeschütze war ausgeschlossen. Die Zwischenräume der Forts waren im Frieden unbefestigt. Auf dieser Eigenart der Festungsanlagen hatte die Festungsabteilung des deutschen Generalstabes den Plan zur Wegnahme Lüttichs aufgebaut, falls Belgien den Durchmarsch mit Waffengewalt verwehren sollte. Man verzichtete bewußt auf eine regelrechte Belagerung; Lüttich sollte durch Handstreich genommen werden! Der Gedanken war unerhört - es war ein Wagestück allerersten Ranges, das von allen bisherigen Erfahrungen völlig abwich. Von dem Erfolg hing es ab, ob der Feldzugsplan überhaupt durchgeführt werden konnte; ein Mißerfolg mußte aber auch mit den schwersten Folgen für das Ansehen und den Ruf des deutschen Heeres und seiner Führung, für die Stimmung des Heeres und des Volkes verbunden sein. Der deutsche Generalstab hatte auch dann noch unbeirrt an diesem Plan festgehalten, als bei Zuspitzung der allgemeinen politischen Lage Belgien, 1909 und 1913, die Schlagfertigkeit seiner Armee erhöhte; im Vertrauen auf die Überlegenheit der deutschen Führung, des deutschen Soldaten und der eigenen Angriffsmittel über die belgischen Streitkräfte wurde der Schlag gewagt; das Vertrauen ist nicht getäuscht worden. Von größter Wichtigkeit war die Wahl des Führers, dem die Ausführung dieses ersten, entscheidungsreichen Schlages gegen den Feind anvertraut werden sollte. In der Person des kommandierenden Generals X. Armeekorps, von Emmich, war die Aufgabe in die richtigen Hände gelegt. In diesem Mann war der Angriffstruppe ein Führer beschieden, der es schon im Frieden wie wenige verstanden hatte, durch seinen persönlichen Einfluß bei seinen Untergebenen Dienstfreudigkeit und Hingabe für ihre Aufgaben zu erwecken. Ein begeisterter Soldat, streng gegen sich selbst, verlangte er auch von seiner Truppe äußerste Pflichterfüllung. Bescheiden hat er später stets alle Glückwünsche und Lobeserhebungen für seine Person abgelehnt; immer wies er wieder darauf hin, daß „die Truppe“ den Dank verdiene. Oft hat er betont, daß ihm im Leben das Soldatenglück hold gewesen sei; es sollte ihm auch vor Lüttich nicht untreu werden. Unterstützt wurde General von Emmich in mustergültiger Weise von seinem Stabe unter dem bewährten Chef des Generalstabes, Oberst Graf von Lambsdorff. Von größter Bedeutung sollte es für den glücklichen Ausgang des Unternehmens sein, daß sich bei dem Stabe des Führers der Mann befand, unter dessen besonderer Leitung im Großen Generalstabe der Aufmarsch des Heeres und damit auch die Bereitstellung der Kräfte für die Durchführung des Handstreiches gegen die Festung immer wieder durchgearbeitet worden waren: Generalmajor Ludendorff. Die Notwendigkeit, Lüttich schnell zu Fall zu bringen, duldete ein Abwarten bis zur Beendigung der planmäßigen Mobilmachung nicht; es wurden dem General von Emmich daher sechs gemischte Infanteriebrigaden (die XI., XIV., XXVII., XXXIV., XXXVIII. und XLIII.) in friedensmäßiger Stärke zur Verfügung gestellt, die bereits am Abend des ersten Mobilmachungstages nahe der Grenze abbefördert wurden; sie waren absichtlich verschiedenen Korps entnommen. Außer zwei 21cm-Mörser-Batterien wurden der Leitung ein Lenkluftschiff und Flieger zugewiesen - zwei neue Waffen, die hier zum ersten Male ihre wichtige Kampftätigkeit ausübten und auf die Moral der belgischen Bevölkerung niederdrückend wirkten; ferner wurde der Höhere Kavalleriekommandeur II - General von der Marwitz - (II., IV. und IX. Kavalleriedivision) an General von Emmichs Befehle verwiesen. Am 4. August abends traten die sechs Infanterie-Brigaden den Vormarsch über die Grenze an; bis zum 5. August abends sollten sie ihre Bereitstellung vor der Nord-, Ost- und Südfront der Festung eingenommen haben. Der Höhere Kavalleriekommandeur II erhielt den Auftrag, mit seinen Divisionen nördlich und südlich an der Festung vorbei in westlicher Richtung aufklärend vorzugehen, die von Westen und Süden auf Lüttich führenden Bahnen zu unterbrechen und zugleich die Deckung des Unternehmens gegen feindliche Entsatzversuche zu übernehmen...“.