...833 in Hamburg geboren und das muß natürlich gefeiert werden. Mit unserem Panzergetränk Met und den Tondichtungen unseres Meisters. Deren gibt es Hunderte und daraus suche ich mir „Ein deutsches Requiem“ aus - wie immer aufgeführt von unserem Kapellgroßmeister Wilhelm Furtwängler höchstselbst: https://www.youtube.com/watch?v=D_dxlS87yrw Niedergeschrieben hat uns die Geschichte unseres Tondichters unser Musikgelehrter Max Kalbeck in „Johannes Brahms“ und darin beginne ich mit der Geburt unseres alten Meisters: http://www.zeno.org/Musik/M/Kalbeck,+Max/Johannes+Brahms „Am 9. Juni 1830 führte Johann Jakob Brahms, nachdem er am 21. Mai das Hamburger Bürgerrecht erworben hatte, seine um siebzehn Jahre ältere Braut heim oder ließ sich vielmehr von ihr heimführen; denn das neue Paar zog von der Ulrikusstraße erst in den Bäckerbreitergang, als die Geburt einer Tochter (Elisabeth Wilhelmine Louise) den Umzug erforderte. Der junge Vater mochte die Bedürfnisse und Kosten eines eigenen Haushaltes doch unterschätzt haben; denn er zog bald wieder aus in ein noch geringeres Quartier. Die Ausgaben vermehrten sich, ohne daß die Einnahmen größer geworden wären. Auf dem Hamburgerberge hatte er mehr verdient als beim Schützenkorps und in den Lokalen des soliden, filzigen Spießbürgertums; die Gelegenheiten aber, an der Alster zu spielen, kamen wider Erwarten selten. Die Wahl der neuen Wohnung spricht nur allzu nachdrücklich für die Verschlechterung seiner Finanzen. Sie lag in einer der krümmsten, engsten und dunkelsten Gassen des anrüchigen Gängeviertels, das Gesindel aller Art in seinen lichtscheuen Spelunken beherbergte. Die „Gänge“ waren ursprünglich kleine Wege, welche die Gärten der alten Stadt durchschnitten, und wurden zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts, da es in der Festung an Platz fehlte, mit Wohnhäusern bebaut. Daraus entstand ein labyrinthisches Gewirr und Gewinkel von schmalen Gassen und dicht aneinander gereihten, hochgiebeligen Häusern, die alle nach einem und demselben Plane, wie gesät, aus der Erde aufstiegen und zahllose winzige Läden, Kammern, Keller und Böden enthielten. Zu Schlüters Hof führte damals und führt noch heute ein Gang, noch enger als der eigentliche, etwa mannsbreite frühere „Specksgang“, hinter dessen Front, eben in jenem Hofe, das Haus steht, in welchem die Familie Brahms Küche, Stube und Alkoven bewohnte. Der windschiefe Holzriegelbau mit seinen drei „Sählen“ im Unterbau und ebensovielen Stockwerken im Giebel ist typisch für die Bauart und Einrichtung dieser Massenquartiere des Elends, das immer noch einige Grade über der tiefsten Linie menschlicher Erbärmlichkeit steht, wenn es seine Gucklöcher mit weißen Gardinen und buntbemalten Porzellantöpfen schmückt und sich vor seinesgleichen den Schein zufriedener Wohlhabenheit gibt. Umsonst werden die nur durch einen Stützbalken von einander getrennten, wackeligen Fensterchen geöffnet, um Luft und Licht hereinzulassen. Gerade gegenüber reckt sich eine ebensolche Riesenarche zum dunstigen Himmel empor und raubt mit ihrem verräucherten Giebel dem Schwesterhause das bißchen Sonne, das durch den Nebel etwa zu ihm dringen könnte; vom feuchten Hofe aber breitet sich ein Schwaden widerlicher Gerüche aus, den kein reinigender Zugwind aus den geschützten Ecken fegt. Verschließbare Haustore sind nicht vorhanden. Wer sollte auch dort etwas stehlen? Zwischen zwei, bei Tage immer geöffneten Türen, die unmittelbar in das Innere der Erdgeschosse rechts und links gehen, stolpert man durch den Eingang über die ausgetretenen Stufen einer steilen, kaum einen Schritt breiten hühnersteigartigen Holztreppe zum ersten „Sahl“ hinauf und tritt durch eine niedrige Tür zur Linken in die Brahmssche Wohnung ein. Zuerst in die einfenstrige Küche, die sich als solche dadurch ausweist, daß eine mit dem Schornstein durch ein Blechrohr verbundene Mauernische den Ort anzeigt, wo ein eiserner Ofen, nicht viel größer als ein Puppenherd, aufgestellt werden kann. Von dort gelangt man in das zweifenstrige Wohnzimmer, das von der holperigen Diele bis zur rissigen Decke keine sieben Schuh mißt. Daran stößt der Alkoven, die Schlafstube, welche sich den Anschein gibt, ein Fenster auf einen zweiten Hof zu besitzen. Hier in dem winzigen, dumpfen und atembeklemmenden Kämmerchen mußten, falls der Vater nicht vorzog, im Wohnzimmer zu schlafen, seit dem 7. Mai 1833 vier arme Menschenkinder ihre Nächte zubringen. An diesem Tage, einem Dienstag, hatte Frau Christiane ihren Gatten mit einem Sohne beschenkt, der am 26. Mai von Seiner Wohlehrwürden Herrn Pastor von Ahsen in der Kirche St. Michaelis getauft wurde und unter dem Beistande seines Großvaters Johann, seines Onkels Philipp Detmering und einer Katharina Margareta Stäcker den (einzigen) Namen Johannes erhielt. Die Freude des Vaters war so groß, daß er, gegen die damals herrschende Sitte, eine Geburtsanzeige in den „Wöchentlichen Nachrichten“ vom 8. Mai erscheinen ließ. Anfangs schien es nicht, als ob die Eltern Grund haben sollten, sich ihrer Kinder besonders zu freuen, und der kleine „Jehann“ oder „Hannes“ wie er zu Hause gerufen wurde, machte Miene, den „gesunden Knaben“ der Zeitungsannonce zu verleugnen. Gleich seiner Schwester, die das Übel ihr ganzes Leben hindurch behielt, litt er bis zum Eintritt der Mannbarkeit an nervösen Kopfschmerzen, die ihn stunden- und tagelang quälten. Dafür blieb Johannes vor allen Kinderkrankheiten bewahrt. Wie er sich rühmte, ist er sein Leben lang niemals krank gewesen. Einer großen Lebensgefahr aber entrann er mit knapper Not. Auf dem Schulwege wurde der zehnjährige Knabe von einer Droschke zu Boden gestoßen und ein Rad des Wagens ging über seine Brust. Sechs Wochen dauerte es, ehe er sich von diesem Unfall wieder erholte. Johannes war ein blasses und zartes, verträumtes und verspieltes Kind, das sich im Gefühl seiner Reizbarkeit und körperlichen Schwäche scheu von dem Getümmel der Gassenbuben entfernt hielt und nur selten sein helles Sopranstimmchen in die Gesänge mischte, mit denen die Kinder über den Hof und durch die Gänge des Viertels zogen. Zugeschaut und zugehört hat er ihnen desto lieber, je mehr sein Verlangen, selbst mitzutun, von dem Gefallen an den Liedern überwogen wurde, welche die Kleinen sangen. Noch heute gibt es in Hamburg kaum ein Kinderspiel ohne Gesang. „Katze und Maus“, alle Arten von Ringelreihen, ja selbst das Auszählen beim Versteckspiel werden mit Gesang begleitet, und zur Zeit der Abenddämmerung erschallen die Gassen von ein- und mehrstimmigen, rein gesungenen Kinderliedern. Dahin gehören auch alte Einrichtungen und Gebräuche, wie das Umherziehen der Kurrendeschüler und die Prozessionen, welche die Kinder mit bunten Laternen in den abnehmenden Tagen nach der Sommersonnenwende veranstalten. Die Lust und Liebe zur Musik steckt im Hamburger Volke und ergänzt sehr glücklich die Liebhaberei der bevorzugten Stände, welche die Musik als eine die Geselligkeit erhöhende und veredelnde Kunst früh schätzen lernten. Dem Vater Brahms entging es nicht, das der kleine Jehann seine bunten Bohnen und Bleisoldaten, mit denen er am liebsten spielte, im Stich ließ, sobald er den Vater üben hörte, und es erfüllte ihn mit Genugtuung, wenn das Söhnlein im Kopfe behielt und richtig wiedersang, was ihm in und außer dem Hause von Melodien zuflog. Denn daß Jehann Musiker werden sollte, war eine ausgemachte Sache. Nicht etwa wegen seiner schon in den ersten Kinderjahren bezeigten Begabung und Vorliebe für die Kunst der Töne, sondern weil es sich von selbst verstand, daß er das Geschäft des Vaters lernte. Ehrgeizige Pläne hatte der Alte weder für sich noch für den Jungen. Er wäre zufrieden gewesen, wenn Johannes einmal ein zweiter Orchestergeiger, Flötist oder Hornist geworden wäre, der sich so gut auf sein Instrument verstand wie er, und es ging ihm eigentlich gegen den Strich, als der Sohn das »unnütze« vornehme Klavier den professionellen Instrumenten, die er selbst spielte, vorzuziehen begann. Johann Jakob Brahms wäre der erste und letzte Lehrmeister seines Hannes geblieben, wenn dieser nicht einen unwiderstehlichen Hang zu dem verwünschten Klapperkasten gehabt hätte. Für ein solches kostspieliges Luxusmöbel war im Hause Brahms kein Platz. Als der Vater dem Sohne wohl oder übel bei einem Kollegen, der ein Klavier besaß, die Namen der Tasten beibringen wollte, Johannes aber, zum Fenster hinausguckend, ohne auf das Klavier zu sehen, stets die richtigen Töne nannte, rief der Vater ärgerlich aus: „Junge, du rätst mich woll? Warte, ich will's dich lehren!“ Der Kleine kannte die Skala längst. Er würde sie sich konstruiert haben, wenn er die Noten nicht gewußt hätte. Erfand er doch ein Notensystem, bevor er noch eine Ahnung davon hatte, daß es ein solches längst gab! ...“.