... unser großer deutscher Bildhauer Christian Rauch geboren. Er schuf 50 Standbilder, 150 Büsten und 90 Wandbilder im Laufe der Jahre. Darunter Friedrich der Große, unsere Königin Luise von Preußen, unsere Feldherren Friedrich von Bülow, Gerhard von Scharnhorst, August Neidhart von Gneisenau, Gebhard von Blücher, unser Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe, unser Naturforscher Alexander von Humboldt, unser Dichter Hans Sachs, unsere Maler Anton van Dyck und Albrecht Dürer, unsere Preußenkönige Friedrich Wilhelm III. und Friedrich Wilhelm IV. sowie unsere Denker Albrecht Thaer und Immanuel Kant und noch viele mehr. Eine kleine Geburtstagsfeier und Werkschau ist da nicht verkehrt. Unser Rauch begann 1790 eine Bildhauerlehre und war ab 1797 am preußischen Hof, der ihm einen langjährigen Studienaufenthalt in Italien bewilligte. Seit 1815 war er wieder in Berlin, ging aber weiterhin auf Reisen und war bis ins hohe Alter tätig. Zwei Töchter hat unser Rauch gezeugt, aber deren Mutter nicht geheiratet. Mit seinen Werken soll unser Bildhauer gefeiert werden. Die römische Siegesgöttin scheint es ihm übrigens ganz besonders angetan zu haben... Zu lesen gibt auch mal wieder was und zwar Friedrich Eggers Buch „Christian Daniel Rauch – Eine Biographie“ - wir beginnen mit der Geburt und Jugend unseres alten Meisters: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/eggers1891bd5/0034/image „Hat der Charakter der Gebirge wohl Einfluß daraus gehabt, daß so viele künstlerisch begabte Männer aus dem Waldecker Lande hervor gingen? - Nein, sagte Alexander von Humboldt, dem diese Frage vor gelegt wurde, dazu haben die Berge von Waldeck eine viel zu wenig eigentümliche Gestaltung. Ist das Ländchen doch auch mehr ein waldreiches Hügelland, als ein Gebirgsland zu nennen. In ebenmäßiger Schönheit und glücklicher Abgeschiedenheit - noch führt keine Eisenbahn hindurch - liegt es mitten in Deutschland, halb angebaut, halb bewaldet; durch die Talbreiten strömt ein frisches Gewässer der Weser zu; die Mannigfaltigkeit des Bodens erzeugt Vielartigkeit der Pflanzenwelt; die Lust strömt mehr kühl als warm über die kräftige Vegetation; die ganze Natur scheint in einem glücklichen Gleichgewicht. Und warum sollte nicht gerade dieses Gleichgewicht aus den blonden blauäugigen stattlichen Hessen, die dort wohnen, bevorzugte Männer erwecken? Denn nicht nur der Kunst, sondern auch den verschiedensten Disziplinen der Wissenschaft hat Waldeck Männer gestellt, die Deutschland mit Stolz zu den seinigen rechnet. Arolsen, die Residenz dieses Landes, hat in dem, was ihm seinen Charakter gibt, die Physiognomie von dem Anfange des vorigen Jahrhunderts. Damals (1714-20) erbaute der in den Reichsfürstenstand erhobene Anton Ulrich das jetzige Schloß an der Stelle des alten. Der hannoversche Baumeister Horst führte es aus, nach der Sitte der damaligen Zeit: unverhältnismäßig groß und vollständig, umgeben von einem starken Wall, mit stattlichem Mittelbau und symmetrisch hinge stellten Pavillons, die durch lange Flügelgebäude verbunden sind. Nicht bloß die Nebengebäude, die so genannten Cavalierhäuser, schließen sich dieser Anlage an, sondern der Charakter der gradlinigen, symmetrischen Stattlichkeit setzt sich fort in den breiten Straßen, mit den schmucken Häusern, jedes mit einem Frontispiz, - jedes für sich, von dem andern durch einen Gang getrennt, welcher einen Blick in das Grün des Gartens dahinter gönnt, - und weiter hinaus in die Umgebung der Natur durch einen Reichtum von Alleen, welche sich rings um die Stadt nach allen Richtungen hinziehen: vor dem Schlosse vorüber, weit hinaus, eine 2000 Fuß lange, in sechs Reihen angelegte Eichen-Allee, welche schon vom tapfern Georg Friedrich herrührt, der den dreißigjährigen Krieg mitfocht; aus der Straße nach Köln eine hohe und lange Pappel-Allee, nach Helsen hin Ulmen, welche in Obstbäume auslaufen, ferner Linden und Kastanien, alle jetzt alt und reich belaubt in ihren Kronen. - Den damaligen Anbauern wurden große Freiheiten gewahrt; dennoch ist die Stadt nicht ganz in den Plan hineingewachsen, welcher sie mit dem Schlosse als eine Anlage aus einem Gusse erscheinen ließe. Die Kirche, welche den Prospekt der breiten Straße schließt, wurde erst gegen das Ende des Jahrhunderts vollendet und eingeweiht. Damals regierte Fürst Friedrich, ein vielgereister, gebildeter, freigebiger und tapferer Mann, der das Kirchenwesen ordnete, die Wissenschaften liebte und für Verbesserung des Unterrichts sorgte. Handschriftlich existiert von ihm eine Geschichte des siebenjährigen Krieges in französischer Sprache und sogenannte Porträts von berühmten Männern, auch beförderte er durch Heeren die Herausgabe der Memoiren des Fürsten Karl, seines Vaters, über den Feldzug von 1745-47. Der Kammerdiener dieses Fürsten hieß Johann Georg Rauch. Von seiner Hand liegt aus alten Familienpapieren ein Brief vor uns, der an den wertgeschätzten Herrn Schwager und die Frau Schwiegerin gerichtet ist, von fester, abgemessener Schrift mit lateinisch geschriebenen Wörtern und französischen Ausdrücken untermischt, die nach der Sprache am Hofe klingen, ordentlich und tüchtig nach Form und Inhalt. Letzterer ist zunächst eine Rechenschaft über die Familienmitglieder, die Schwägerschaft und das ganze Hauswesen; beiläufig wird von der Frau gesagt, daß sie Arbeit verstehe und haushalten gelernt habe. Dann werden die Zeit, die Kornpreise besprochen, und in demselben Satze wird erzählt, daß der Fürst wieder hundert und dreißig Rekruten nach Amerika schicke, und daß man sich freue, daß die Frau Schwiegerin sich so korpulent befinde, weil dies eine gute Gesundheit anzeige. Wegen des Menschenhandels entschuldigt der Alte seinen Landesherrn. Er sagt, es seien lauter Ausländer, bis auf Etliche; denn der Fürst wolle keine Waldecker hinschicken, es sei denn, daß der Kerl partu mit will; sollte aber der Ackerbau darunter leiden, so werde er doch nicht weggeschickt. - In diesem Briefe ist auch von dem Helden dieses Buches die Rede. Die Familie bestand damals (es war am 18. Januar 1778) aus drei Söhnen. Der älteste war bereits fünfzehnjährig und im Begriff die Feldscheerfertigkeit zu lernen; der zweite zählte zwölf Jahre. Zwischen ihm und dem Jüngsten waren zwei Mädchen gewesen, die beide gestorben waren. Der Jüngste aber, von dem der Vater erzählt, daß er ein Jahr und 16 Tage alt sei, ist Christian Daniel, der am 2. Januar 1777 Abends neun Uhr in Arolsen geboren wurde und zwar am Helserwege, wo die Hofschmiede ist, wie der uns vorliegende Brief sagt. „Doch wohnet nur der Hofschmied bei mir“ setzt der Alte hinzu, so daß man sich die Schmiede zwar ebenfalls am Helserwege zu denken hat; aber nicht in demselben Hause. Hier besaß der Herr Hofschmied nur seine zwei Stuben nebst Kammer zur Miete. Die rußige Schmiede hätte der alte saubere und ordentliche Mann nicht in seinem Hauswesen gelitten. Für's Vieh, für seine zwei Kühe und etliche Schweine baute er lieber einen besondern kleinen „Speicher“ nebst Keller für die Fourage, als daß er es im Hause geduldet hätte. Er war der älteste Sohn aus der Ehe des Bauern Heinrich Wilhelm Rauch-Niggemann zu Flechtdorf bei Corbach mit Marie Elisabeth geborene Frese aus Berndorf, war am 28. Oktober 1729 geboren und mit Marie Elisabeth (geboren am 14. Juni 1736), der Tochter des Maurermeisters Hildebrandt zu Mengeringhausen bei Arolsen, der er in seinem Briefe ein so gemütlich ehrenhaftes Zeugnis gibt, am 9. Juni 1761 in den Ehestand getreten. Früher Soldat, war er zuletzt Kammerdiener des Fürsten von Waldeck geworden. Die Pünktlichkeit und Pflichttreue, mit der er sein Amt versah, die Ordentlichkeit und Sauberkeit, mit der er sein eigenes kleines Anwesen zu verwalten liebte, sind Charakterzüge, die sein großer Sohn von ihm geerbt hat. - Die Erziehung seiner Kinder ging zunächst auf körperliche Tüchtigkeit. Einfache Lebensweise und Kleidung, Nichtachtung des Temperaturwechsels, welchen die höhere Lage des Orts veranlaßte, standen obenan; keine übertriebene Fürsorge gab der Verweichlichung Raum. Vor seinem zwanzigsten Jahre kannte Christian Daniel aus eigner Erfahrung den Luxus eines Überrocks nicht. Bei den häuslichen Geschäften wurde eine Cattunjacke getragen. Weil sie besonders beim Wurstmachen zur Geltung kam, wurde sie die Wurstjacke genannt. Wie alle seine Geschwister schoß er hoch aus und entwickelte bei der gesunden körperlichen Erziehung den entsprechenden Appetit. Wenn er aus die Apfelkammer geschickt wurde, pflegte er die Kniehosen, nicht etwa nur deren Taschen, als Sacke zu benutzen, in denen er einen besonderen Vorrat für sich mit herunter trug. Zwar merkte die Mutter diese Defraudation, aber sie schloß ihr Auge dazu; denn es schmeckte ihm gar so gut...“.